Die kleine, in der Normandie gelegene Ortschaft Jumieges empfing mich am Morgen mit strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel. Der Reiseführer sprach davon, dass mein anvisiertes Ziel – die Abtei von Jumieges – nur mit einer Fähre erreicht werden kann, doch aus westlicher Richtung kommend war dies überraschenderweise nicht nötig. Schon der wuchtige Eingang, ein Gewölbe mit gestalteten Schluss-Steinen, versprach einen außergewöhnlichen Aufenthalt. Und ich wurde nicht enttäuscht. Die hoch aufragenden Ruinen raubten mir den Atem. Unten teils von uraltem Baumbestand beschattet. Staunend blickte ich in die Höhe, wo das dicke Mauerwerk hell schimmernd in der Sonne von hin und wieder laut auf die Eindringlinge schimpfenden und wild flatternden Krähen belagert wurde. Die teilrestaurierten Ruinen erheben sich imposant auf einem großen Gelände. Einst eines der größten Klöster Frankreichs, dessen Geschichte bis ins Jahr 654 zurückgeht. Manufakturen, Ställe, Gärtnerei. Kirche, Wohnräume und Bibliothek. Die nach der französischen Revolution zum Abbruch freigegeben Abteien, ihrer Dächer beraubt und ohne Bodenplatten trotzten mit ihren dicken Wänden – teils einen Meter und mehr – noch lange den bauwütigen Händen der Dorfbewohner.
Der Blick aus der Ferne erinnert an ein Gemälde von Caspar David Friedrich. Verträumt und romantisch. Langsam schreitet man über das Gelände und saugt die Ruhe auf. Wiederholt laden weiße Stühle zum Sitzen und Genießen der Atmosphäre ein. Die Gebäudereste flössen Respekt und Ehrfurcht ein. Mit großen Augen im Kirchenschiff stehend kommt man sich ganz klein vor. Ehemals Machtdemonstrationen gegenüber dem einfachen Volk. Andererseits Hort von Kunst, Wissenschaft und Kultur.
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4 Comments
Stark – wirklich wie ein Realität gewordenes C.D.Friedrich-Bild! Es hätte nur noch etwas *ähem* stimmungsvolleres Wetter sein müssen :). Das Foto ist echt postkartenreif. Wirklich sehr imposant und interessant. Die Franzosen haben einiges zu bieten in ihrem Land. Mich reizt das total aber ich habe das dumme Gefühl, erst einen Sprachkurs machen zu müssen. Kann ja gar kein Französisch und hab mich immer nur mit Brocken durchgestammelt. Aber trotzdem waren die Franzosen immer freundlich zu mir und haben das Bemühen belohnt, indem sie sogar english gesprochen haben 🙂
Für diese Aufnahmen hätte ich mir durchaus auch anderes Wetter gewünscht. Vielleicht hätte auch eine sehr leistungsstarke Nebelmaschine ausgereicht 😉
«Je ne comprends pas le français» war der von mir am meisten benutzte Satz. Ich verstehe wohl mindestens so wenig Französisch wie Du. Allerdings finde ich das nicht schlimm. Solange man einige Grundbegriffe kennt und nicht sofort erwartet, dass jeder Englisch oder gar Deutsch spricht, kommt man ganz gut zurecht. Uns wurde so eine Einzelführung in gebrochenem Deutsch in einer Kirche zuteil.
haha, ich stelle mir gerade vor, wie Edith an der Nebelmaschine kurbelt (bildlich gesehen also ständig aufs Knöpfchen drückt) und Du versuchst, diese Sommeridylle einzuherbsten. 🙂
Ich mache und sehe das genau wie du mit dem Französisch und bin genau wie Du mit Grundbegriffen sehr gut weitergekommen. Und dann machen die meisten Frenchies schon mit. Eigentlich war keiner unfreundlich – auch wenn man von vielen Leuten was anderes hört. Dennoch habe ich gerade so im „tiefen“ Frankreich wie Provence etc. das Gefühl, dass die dort selbst wenn sie wöllten einfach keine andere Sprache sprechen als Französisch und man daher dann nicht viel weiter kommt. Ich würde sehr gern in die eher touristisch nicht so erschlossenen Gebiete fahren, aber ich fürchte dann immer, ich bin aufgeschmissen. Wie war das denn hier bei diesem Schloss?
Bei dieser Abtei gab es sprachlich keine Probleme. Faltblätter mit Infos gab es in verschiedenen Sprachen – so auch in Deutsch. Bei zwei weiteren besuchten Abtei-Ruinen war es ähnlich. Bzgl. der Hinweis-Tafeln könnte mich mein Gedächtnis allerdings trügen. Aber ich meine, dass diese zumeist zweisprachig (Französisch – Englisch) waren.
Bei den von uns besuchten Orten – Kirchen, (Schiffs-)Friedhöfe, dem Meer etc. – waren auch keine Sprachkenntnisse nötig. Gespräche sind hier eher störend 😉 Einzig bei der Suche nach einem alten Autofriedhof wäre ein größerer als der sich auf Höflichkeitsfloskeln beschränkende Wortschatz sicherlich von Vorteil gewesen.