Wie im Beitrag „Schwarze Romantik“ bereits erwähnt trafen sich am 1. Dezember in Frankfurt Leser des Spontis-Blog unter dem Motto „Kunst & Musik“. Nach der Ausstellung „Schwarze Romantik“ stand noch ein gemeinsamer Konzertbesuch im „Bett“ auf dem Programm. So seltsam und amüsant der Name des Clubs, so seltsam und amüsant gestaltete sich auch die Fahrt zum Club:
Dass der Programmierer meines Navigationsgeräts ein sehr humorvoller Mensch sein muss, war mir längst bewusst. Zu oft war die weibliche Stimme, welche den Weg weisen sollte, bereits in der Vergangenheit zu „spaßigen“ Ansagen aufgelegt. Doch der Stadt Frankfurt am Main scheint der Entwickler besondere Aufmerksamkeit geschenkt zu haben. Wahrscheinlich wurde das Straßennetz der Mainmetropole mit dem der gleichnamigen, jedoch an der Oder liegenden Stadt im Osten der Republik mit einem hämischen Grinsen vermischt. Zumindest zeugten die widersprüchlichen Anweisungen auf dem Weg von der Innenstadt zum Club „Das Bett“, in dem die anvisierte Veranstaltung stattfinden sollte, von einer Verwirrtaktik, der kaum zu folgen war. Im Sekundentakt änderte sich die angegebene Richtung. „Links abbiegen“ wurde durch ein lockeres „Rechts abbiegen“ ersetzt, um gleich anschließend ein „Bitte wenden“ hinterher zu schieben. Letztendlich wartete ich nur noch auf ein höllisch-hämisches Lachen. Als neben uns ein Bus mit dem Schriftzug „Christine Plays Viola“ auftauchte, redete ich mir ein, dass dies ein gutes Zeichen sei. Doch die Fahrweise des Tourbusses der ersten an diesem Abend auftretenden Band zeugte nicht unbedingt davon, dass die Insassen im Besitz eines zuverlässigeren Navigationsgeräts waren. Letztendlich kamen wir aber doch irgendwann am Ziel an. Während wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Parkplatz machten, bog der uns begleitende Tourbus auf das Clubgelände ab. Und siehe da: Nach Betreten des „Betts“ – Schuhe dürften übrigens anbehalten werden – spielte die italienische Band bereits ihre ersten, überaus atmosphärischen Stücke. Und ich fühlte mich sofort „heimisch“. Das anwesende Publikum machte einen sehr sympathischen Eindruck. Leidenschaftlich, authentisch und rücksichtsvoll. Vereinzelt wurden Iros und Undercuts gesichtet und das eine oder andere bekannte Gesicht voller Freude begrüßt, um sich anschließend wieder der Musik zu widmen.
Die ebenso leidenschaftlichen wie sympathischen Protagonisten auf der Bühne versetzten die Hörerschaft mit melancholisch-wavigen Klängen zuweilen in der Zeit zurück. Sicherlich mag sich der eine oder andere an seine Jugend erinnert haben. Als sich schwarze Vinylscheiben von „The Cure“ oder „Joy Division“ auf dem heimischen Plattenspieler ohne Unterbrechung drehten. Als die ersten Clubs für sich entdeckt und Konzerte seiner Lieblingsbands besucht wurden. Als das Haar voller und die Haut glatter waren. Schon die erste Formation sorgte mit einer Mischung aus Wave und Rock und vor allen Dingen einschmeichelnd-vollem Gesang für eine prächtige Stimmung, welche sich von Band zu Band noch steigerte. Als bemerkenswert darf der erstklassige Sound, der den ganzen Abend anhielt, bezeichnet werden. Gerade bei Vorbands ist dies ja durchaus keine Selbstverständlichkeit. Nach „Christine Plays Viola“ stellten „The Last Cry“ ihr zweites, brandaktuelles Album vor. Eingängige und emotionale Stücke – mal melancholisch-beschwingt, mal dramatisch-balladesk – begeisterten. Sowohl kraft- als auch sehnsuchtsvoll präsentierte sich daraufhin „Vendemmian“. Das nach über zehnjähriger Pause erst 2008 auf die Bühne zurückgekehrte Duo brachte die Menge mit diversen Ohrwürmern (beispielsweise „Standing“) zum Toben. Die Mischung aus Goth-Rock und Post-Punk begeisterte alte Fans und neue Hörer gleichermaßen. Mit einem verschmitzten Lächeln und einer angenehmen Stimmlage gewann Sänger/Gitarrist Mark B. Douglas die Sympathien für sich. Bei den abschließenden „Chameleons Vox“ erreichte die „brodelnde“ Stimmung ihren Höhepunkt. Titel, die bereits in den 80er-Jahren für eine wohlige Wärme gesorgt haben, nahm man mit großem Enthusiasmus auf. Vor der Bühne wurde ausgelassen getanzt, gesprungen und mitgesungen. Die jugendliche Begeisterungsfähigkeit der teils in die Jahre gekommenen Besucher zauberte mir wiederholt ein Lächeln ins Gesicht. Durch die Leidenschaft der vier Musiker ergab sich eine großartige Atmosphäre – locker und zugleich voller Spannung.
Die letzten Klänge und der letzte Applaus waren kaum verstummt, da drangen auch schon diverse Stücke „aus der Konserve“ an die Ohren der Gäste. Viele blieben noch, um die leider viel zu selten in Clubs gespielten Titel von Killing Joke, Death Cult & Co. zu genießen, ausgiebig zu tanzen oder sich zu unterhalten. Auch der eine oder andere Musiker mischte sich „unters Volk“ und freute sich über die grandiose Musik, für die ein überaus leidenschaftlicher DJ sorgte.
Vier Bands – vier hörenswerte Auftritte. „Christine Plays Viola“, „The Last Cry“, „Vendemmian“ und „Chameleons Vox“ – nicht zu vergessen ein toller DJ – gestalteten gemeinsam mit einem beachtlichen Publikum einen herrlichen und sicherlich für den einen oder anderen Gast unvergesslichen Abend im ausverkauften „Das Bett“.
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Video: Facebook (Dominik Nötzel)
4 Kommentare
Da hat ja mal wieder einer wunderbare Bilder gemacht, die mir mehr liegen als es die Musik der vier Bands tut. 😉 Aber das ist und bleibt ja Geschmackssache. Trotzdem hab ich den Bericht gern gelesen weil gut und lustig geschrieben, besonders die Einleitung. Und stimmt, wir durften auch mit Schuhen ins Bett. So langsam passt der Spruch auch: Ich zieh meine Pikes auch im Bett nicht aus. 🙂
Bei dem großen Bild von Mark Burgess dachte ich doch glatt, ich hätte das gemacht… Stimmt gar nicht, wir haben nur in der selben Sekunde aus leicht unterschiedlicher Position abgedrückt. 🙂 http://www.flickr.com/photos/schwarze_zone/8239755878/in/set-72157632157841484/
Ein genialer Abend mit meinen all time faves als Headliner und toller Party danach.
@Shan Dark: Schön, dass Dir die Einleitung Freude bereitet hat. Mein Navi ist immer gerne zu Scherzen aufgelegt. Manchmal bleibt mir dann aber auch das Lachen im Halse stecken. Beispielsweise als es mich in Frankreich in eine Gasse lotste, die dann immer schmaler und verwinkelter wurde. „Witzigerweise“ gab es eine Höhenbegrenzungsangabe, aber auf die Breite wurde nicht hingewiesen. So mussten am Ende sogar die Außenspiegel eingeklappt werden, um – schweißgebadet – wieder zurück auf eine vernünftige Straße zu kommen.
@Schwarze Zone: Man könnte wirklich fast annehmen, dass die Aufnahmen von der selben Stelle aus gemacht wurden. Jedoch könnte ich mich sicher daran erinnern, wenn ich jemanden auf den Schultern gehabt hätte 😉
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