Auf dem Pariser Stadtplan sind nur wenige Orte markiert, die ich nach Möglichkeit unbedingt besuchen möchte. Eine Markierung gilt dem unterhalb der berühmten Pariser Kirche „Notre Dame“ zu findenden Pantheon. Ursprünglich als Basilika geplant und eingeweiht, wurde der Bau im Verlauf der französischen Revolution zur nationalen Ruhmeshalle umgewandelt. Während des 19. Jahrhunderts fand das Gebäude zweimal zu seiner anfänglichen Bestimmung als christliche Stätte zurück, ehe es endgültig zum Nationaltempel wurde, in dem die Franzosen ihre Helden beisetzen und ehren.
Das Pantheon ist ein beeindruckendes Bauwerk. Ein hoher Metallzaun grenzt Vandalen aus. Die mächtigen Freitreppen lösen schon beim Erklimmen so etwas wie eine ehrfürchtige Grundstimmung aus, bevor der mächtige, ans antike Griechenland erinnerte Säulenvorbau mit Deckengemälde und Reliefs den Eingang durch ein breites Portal freigibt.
Nach dem Betreten der unendlich hohen sonnenlichtdurchfluteten Kuppelhalle bin ich erst einmal sprachlos und lasse das Monumentale auf mich wirken. Die Kamera bleibt – noch – im Rucksack. Auch die seitlich angeordneten großen Wandgemälde zur Geschichte Frankreichs lasse ich – vorerst – links liegen. Hier und da wird hinter Absperrungen restauriert. Was teilweise auch bitter nötig ist. Vorbild für diesen Bau ist der einzig erhalten gebliebene antike Kuppelbau, das Pantheon in Rom. Ebenso wollte der Architekt mit dem Petersdom rivalisieren. Mein Weg bringt mich direkt zu einer schmalen Wendeltreppe, die hinab in die Krypta führt. Unten angekommen dauert es nicht lange, bis mich ein Schauer überfällt. Kann ich diesen Ort doch kurz für mich alleine genießen und die Atmosphäre aufsaugen. Die anderen Besucher, die direkt nach Öffnung mit mir gemeinsam das Pantheon betreten haben, bewundern noch die Kuppelhalle. Aus dem hinteren Bereich der Krypta, die die ganze Fläche der ehemaligen Kirche einnimmt, dringt sakrale Musik an meine Ohren. Zusammen mit den Gewölbestrukturen der Krypta, dem gedämpften Licht und der Kühle erzeugt dies eine erhabene Stimmung. Schnell greife ich nach meiner Kamera, deren Klicken nun laut wie ein Hammerschlag durch das Kellergewölbe tönt. Ich lese Namen und ihre Verdienste – was mich nachdenklich stimmt. Auch „Helden“ und Berühmtheiten sind einfach nur tot. Wie jeder andere auch. Aber eine Nation erweist ihnen die Ehre.
Als Erster wurde Marquis de Mirabeau an dieser Stelle beigesetzt. Doch dieser musste bald wieder ausziehen, da Beweise für Verbindungen zum Königshof gefunden wurden. Von den zahlreichen anderen namhaften Persönlichkeiten seien hier stellvertretend die Schriftsteller Alexandre Dumas und Victor Hugo, die Philosophen Jean-Jacques Rousseau und Voltaire und die Physiker Marie und Pierre Curie genannt. Sicherlich wird die Liste der im Pantheon Bestatteten in der Zukunft noch länger. Denn: Es sind noch Wohnungen frei.
Aus der Schlichtheit der Krypta wieder empor in den überirdischen Bau gestiegen, erschlägt mich die Fülle der großen und kleinen Details in Marmor oder Farbe fast. Überwältigend. Sanft schwingt das Foucaultsche Pendel, mit dem die Erdrotation nachgewiesen wurde, über dem Fußbodenmosaik. Es ist weit oben im Zentrum der Kuppel befestigt. Dahinter befindet sich eine überdimensionale Figurengruppe. Symbol für die Kämpfer für Recht und Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Der gesamte Innenraum ist mit Skulpturen und Gemälden reichlich ausgestattet. Diese Übermacht an hehren Gestalten macht mich irgendwie klein und still.
In der Souvenir-Abteilung am Ausgang riskiere ich noch einen kurzen Blick. Napoleon als Büste, gedruckt auf Geschirr, Bücher, Tücher, Schirme. Napoleon, der hier nicht einmal sein Grab hat. Der Un-Held. Hier wird er vermarktet. Welch Widerspruch.
Draußen empfängt mich die Mittagssonne. Durst und Hunger wollen gestillt werden. Auf den einladenden Stufen des Pantheons darf man zwar sitzen jedoch nicht essen. Auf die Einhaltung dieses Verbots achten Mitarbeiter mit scharfem Blick. So nehme ich meinen Imbiss vor dem Zaun ein und freue mich über einen spannenden Vormittag in Paris.
[Für die vollständige Ansicht bitte die Bilder anklicken]
Comment
ein wunderbarer Artikel und sehr schöne Bilder!
(die Treppe-großartig!)