Glashaus, Bayreuth, 20.07.2012
Die Karten waren heiß begehrt. Schon Monate vorher wurde das Konzert von „Henke & Gäste“ als ausverkauft verkündet. Letztendlich kein Wunder, sollte es doch ein besonderes Konzert mit vielen Klassikern von „Goethes-Erben“ werden.
Doch bevor Oswald Henke gemeinsam mit seinen Musikern die Bühne betrat, stimmte Lisa Morgenstern das Publikum eindrucksvoll ein. Zumindest jene, die sich auf die verletzlich und doch irgendwie stark wirkende Frau einließen. Keine „beschützende“ Band an der Seite. Nichts außer der puren Stimme und der Tasten des elektronischen Pianos. Leider musste die Musikerin mehrmals um Ruhe beten. Schade eigentlich, dass hier einige Konzertbesucher ihren Redeschwall nur schwer kontrollieren konnten und so den Respekt vor der Musikerin und den interessierten Zuhörern vermissen ließen. Trotzdem war es eine angenehme und gelungene Eröffnung des Abends. Insbesondere eine vertonte Nachricht an den Tod konnte sich bei mir „eingraben“:
https://youtu.be/ZcUABjjHgRs
Lisa Morgenstern – Lieber Tod
16.06.2012, Periplaneta, Berlin
Quelle: YouTube
Eine gewisse Spannung und große Vorfreude lagen in der Luft, als nun die kleine Bühne für den Auftritt von „Henke“ vorbereitet wurde. Vor selbiger lagen Kissen, auf die sich längst der eine oder andere Konzertbesucher niedergelassen hatte. So kamen auch einige mit dem Handicap einer eher unterdurchschnittlichen Körpergröße in den Genuss das Minenspiel des Oswald Henke mitzuverfolgen. Er lebt seine Texte immer aufs Neue und nimmt das Publikum dadurch mit auf eine rasante Reise durch seine Gefühlswelten. Wut, Verachtung, diabolische Freude, Liebe und Trauer toben sich in den Gesichtszügen des Sängers aus. Wobei sich die Auslebung seiner Emotionen nicht auf die Mimik beschränkt, sondern die Titel mit vollem Körpereinsatz dargeboten wurden. So kauerte er sich wiederholt lauernd wie ein Raubtier auf ein Potest, sprang wild umher und stürzte sich in die ersten Reihen.
Der Abend war aber ebenso eine musikalische Reise. Bevor man sich hierbei auf den Weg in die Vergangenheit begab, richteten „Henke“ den Blick in die Zukunft: Eröffnet wurde das Konzert mit einem bisher unveröffentlichten Stück, das auf dem nächsten Album zu finden sein wird. Anschließend reiste man aber immer weiter in der Zeit zurück. Das Leben so manches Besuchers dürften diese Klänge und Texte seit nunmehr über zwei Dekaden begleiten. 23 Jahre Oswald Henke.
Auf der kleinen Bühne flackerten kleine LED-Kerzen. Auf Nebel wurde gänzlich verzichtet. Überhaupt waren es die kleinen Einlagen, die Überschaubarkeit dieser als winzig empfundenen Örtlichkeit und selbstverständlich die intensiven Stücke, die diesen Abend so stimmungsvoll und fast einzigartig gestalteten.
Die meisten Blicke zog zwar der Frontmann auf sich, doch nicht unerwähnt lassen sollte man die hervorragenden Musiker, die er um sich gescharrt hat. Musiker, die ebenso leidenschaftlich agierten. Als Gast begrüßte man Susanne Reinhardt an der Geige und Sängerin Sonja Kraushofer, mit der David Bowies deutsche Version von „Heroes/Helden“ als Duett dargeboten wurde. Ein Gänsehautmoment. Aus dem zweistündigen Konzert, bei dem Titel wie beispielsweise Mensch sein, Die Form, Sitz der Gnade, Nichts bleibt wie es war, Himmelgrau oder Die Brut zum Besten gegeben wurden, ist es allerdings schier unmöglich, Höhepunkte zu benennen.
Bis auf die körperliche Erfahrung aufgrund der etwas beengten Verhältnisse war der Abend ein einziger, süchtig machender Höhepunkt. Und so blicke ich schon jetzt gespannt auf weitere Konzerte dieser wiederholt hörenswerten Band, die im Herbst dieses Jahres und im Frühjahr 2013 mit neuem Album im Gepäck stattfinden werden…
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