Etwa 70 km östlich von Prag liegt Kunta Hora (Kuttenberg) mit seiner beeindruckenden „Knochenkirche“, einem Beinhaus, angelegt aufgrund des auf dem Friedhof herrschenden Platzmangels.
Beinhäuser sind eigentlich nichts vollkommen Ungewöhnliches. Sowohl in Deutschland als auch in diversen anderen Ländern werden in manchen Kirchen die sterblichen Überreste sichtbar aufbewahrt.
Im Gewölbe der Allerheiligenkirche in Kutna Hora sind die Knochen und Schädel von etwa 40.000 Verstorbenen zu sehen. Das Besondere: Ein Viertel davon wurde kunstvoll drapiert. Überaus bewundernswert ist das aus den unterschiedlichsten Knochen und Schädeln bestehende Inventar: Girlanden, Kandelaber, Kronleuchter, Monstranzen, Wandschmuck, sogar ein Wappen. Ein spielerischer Umgang mit dem Tod? Bei den zahlreichen Touristengruppen schien zumindest keine Trauer oder ähnliches aufzukommen. Die Knochengebilde wirken leicht, weshalb es nicht verwundert, dass die Besucher zumeist eine lächelnde Unbeschwertheit ausstrahlen. Nur ein Staunen liegt auf den Gesichtern: Der Anblick solcher Kunstwerke – zusammengefügt aus Menschenknochen – ist außergewöhnlich und für den Großteil sicher einmalig.
In großen Kammern wurden viele hundert Schädel aufgehäuft. In so mancher Augenhöhle, aber auch an anderen Stellen liegen Münzen. Ob diese Toten sich von den Geldgeschenken beeindrucken lassen und die Wünsche der Lebenden erhören und erfüllen vermögen?
Knochen und Schädel sind mit dickem Staub bedeckt und die Girlanden paaren sich mit reichlich Spinnengewebe. Das Gebäude selbst müsste dringend saniert werden. Beim Verlassen stelle ich mir die Frage, ob die Einnahmen aus den Ticketverkäufen ausreichen, um diese Touristenattraktion dauerhaft zu erhalten.
Nach einem kurzen Spaziergang über den kleinen und wenig spektakulären Friedhof führt mich mein Weg in einen Souvenirladen. Ein Souvenirladen der besonderen Art. Inspiriert durch die zahlreichen echten Schädel wurde in dieser „Schädelverkaufsstelle“ umgehend eine täuschend echt aussehende Replik erstanden, die nun ein neues Zuhause hat.
Anschließend führt der Weg zu der wunderschönen Mariä-Himmelfahrt-Kirche. In ihrer „Klarheit“ für mich überwältigend. Eigentlich ein Anhänger der düsteren Orte wirkt die Flut aus Licht, welche durch die großen Fenster dringt, ungewöhnlich begeisternd. Die dicken Mauern erscheinen leicht und die Farbgebung in einem zarten Beige lässt das Innere des Sakralbaus sonnig wirken, was die Bezeichnung „Dom des Lichts“ erklärt. Ebenso die Form des Deckengewölbes ist nicht alltäglich: Es herrscht nicht die sonst übliche Kreuzform vor, sondern die Linien erinnern vielmehr an Parabeln.
Phantastisch ist auch die Möglichkeit, über eine Wendeltreppe nach oben zu gelangen. Direkt unter dem Gebälk führt ein Bretterpfad, der einen außerordentlichen Blick auf Balken und Konstruktion oberhalb des Deckengewölbes frei gibt, zur Empore. Von diesem Standpunkt aus ist die Aussicht in den tiefen Kirchenraum einfach grandios.
Zum Ausklang steht noch der Besuch des Doms der Heiligen Barbara auf dem Plan. Auch hier ist der Blick von oben ein einmaliges Erlebnis. Einige historische Steinfiguren, Gargoiles beispielsweise, präsentierten sich in einer kleinen Ausstellung. Eine Tür führt auf einen „Balkon“. Hoch oben auf Höhe des Kirchendaches. Ein besonderer Standort, der auf dem Vorplatz der Kirche und über den Ort blicken lässt und den Menschen in gewisser Weise unbedeutend erscheinen lässt…
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