Tonspur: Die Perlen – Schalt ab
Jeder Bundesbürger erhält seinen persönlichen Superstar, sein persönliches Topmodel, seinen persönlichen Megakoch. Gecastet wird alles. Superlativ. Inflationär. Oftmals talentfrei.
Das echte Leben ist zu langweilig. Realitäten werden geskriptet. „Assis spielen Assis!?“, wie es ein Kabarettist kürzlich ausdrückte.
Eine von den jeweiligen profillosen und auswechselbaren Sendern groß angekündigte Showsensation jagt die nächste. Zur besten Sendezeit basteln „Prominente“ Papierflieger, spielen Mensch-ärgere-Dich-nicht oder verspeisen Krabbeltierchen.
Neudeutsch Comedians genannte Spaßmacher und Ulknudeln mit überaus gut verborgenen Talenten wechseln sich mit unterirdischen Darbietungen ab, um das Volk, welches das Denken eingestellt hat, zu „belustigen“.
Brot und Spiele?
Verkaufssender präsentieren reißerisch die neusten, besten, schönsten und innovativsten Produkte. Kaum ein Käufer fragt sich, warum diese ach so genialen Problemlöser, Wertanlagen, Alleskönner auf diesem Wege zu einem angeblich lächerlich geringen Preis dargeboten werden…
Drittklassige „Moderatoren“ flehen Zuschauer lautstark an, doch die einmalige Chance auf unermesslichen Reichtum nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, sofort die eingeblendete Nummer anzurufen, um eine mehr oder weniger hirnlose Frage zu beantworten. Mit dem Anruf wird sogar noch eine gute Tat vollbracht: Die Sicherung der Existenzgrundlage des Senders und diverser Telefongesellschaften.
Der alltägliche Fernsehwahnsinn. Für Risiken und Nebenwirkungen befragen Sie bitte Ihren gesunden Menschenverstand – sofern diesem durch den exzessiven Konsum des aktuellen Fernsehprogramms noch keine dauerhafte Schädigung widerfahren ist.
Doch wie kommt es eigentlich zu so einer, die Hirnzellen in extreme Mitleidenschaft ziehenden Auswahl von sich an Niveau gegenseitig unterbietenden Sendungen?
Für die Planung des Fernsehprogramms sind – bis auf wenige Ausnahmen – allein die Einschaltquoten verantwortlich. Und hier weniger die absoluten Zahlen, sondern vielmehr die Quoten der relevanten Werbezielgruppen. Die Richtigkeit dieser Zahlen kann man jedoch durchaus anzweifeln. Schließlich werden diese – angeblich repräsentativ – anhand der Sehgewohnheit von 2000 bis 6000 Haushalten auf alle Bundesbürger hochgerechnet. Ob die relativ kleine Gruppe der erfassten „Fern-Seher“ nun auch Menschen beinhaltet, die ihr persönliches Programm sehr gezielt auswählen und bei denen die Mattscheibe auch des Öfteren schwarz bleibt, ist zumindest fraglich.
Modell: VeritaS
3 Kommentare
Ein durchaus authentisches Szenario, das sich hier in Worte fand.
Gelegentlich blicke ich in fremde Fernsehgeräte, um mich wieder daran zu erinnern, warum ich keinen mehr besitze.
Und interessanter Weise darf ich dabei dasselbe Niveau bestaunen, das sich mir schon vor fünf Jahren offenbarte. Im positiven, mit Seltenheitswert sowie in der Überhäufung an Negativbeispielen.
Maximal 6.000 überwachte Geräte auf knapp 80.000.000 Einwohner im fernsehfähigen Alter. Wenn das nicht repräsentativ ist, dann weiß ich auch nicht.
Ob meine Eltern „Ein Colt für alle Fälle“ und „Western von gestern“ auch so bescheuert fanden, wie wir selber heute diese ganzen Soaps und Casting-Shows? Mir geht es wie Guldhan, die Kiste ist vor Jahren aus der Wohnung geflogen und wenn ich eine in die Finger bekomme, dann mache ich das daraus:
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Oh ja, wenn ich mich so erinnere, was man früher im kindlichen/jugendlichen Alter an Fernsehsendungen konsumiert hat, muss ich schon ungläubig den Kopf schütteln. Doch der Schwachsinn hielt sich damals noch in Grenzen. Privatfernsehen gab es nicht und so konnten einzig ARD und ZDF (inkl. der Dritten) für gute oder schlechte Fernsehunterhaltung sorgen. Und das nicht einmal wie heutzutage rund um die Uhr. Irgendwann kam die Nationalhymne und anschließend das testbild bzw. dieses herrlich entspannende „Schneegestöber“ 😉