Es ist der dritte Freitag im Monat – und damit höchste Zeit, sich den Themen und Fragen zur „schwarzen“ Subkultur zu stellen, welche Robert und Shan Dark im Rahmen ihres blogübergreifenden Projekts „Gothic Friday“ vorgeben. So unterschiedlich die Artikel zum ersten Thema im Januar – den „Szeneeinstieg“ – auch waren, eines hatten sie doch alle gemeinsam: die Musik als zentrales Element. Obwohl nicht ausschließlich diese Leidenschaft für die Beschäftigung mit der „dunklen“ Subkultur genannt wurde, so verbinden die meisten Szenemitglieder und Sympathisanten doch sehr viel mit der Musik. Sie ist neben dem individuellen Aussehen auch der Grund für die Vielfältigkeit der Stile, welche mittlerweile unter dem Label „Gothic“ versammelt werden.
Um sich dem Thema „Musik“ zu nähern, wurden zehn Fragen unter dem Titel „Die Musik und Du“ vorgegeben. Fragen, welche gar nicht so leicht zu beantworten waren…
Was bedeutet Musik für Dich? Wie wichtig ist sie Dir?
Für die Beantwortung dieser Eingangsfrage möchte ich Herrn Friedrich Wilhelm Nietzsche bemühen, der da sagte:
Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.“
Selbstverständlich genieße ich in manchen Situationen gerne die Ruhe; doch musikalische Klänge sind für mich unverzichtbarer Begleiter in (fast) allen Lebenslangen. Musik bedeutet Emotionen, aber auch Unterhaltung und Entspannung. Träume und Rebellion. Provokation. Aggression und Wut. Ein Ventil für den alltäglichen Wahnsinn. Ein Soundtrack der schönen und traurigen Momente im Leben.
Welche Richtungen „schwarzer Musik“ hörst du? Nenne ein Beispiel, das für Dich deine Bedeutung des Genre am besten wiedergibt.
Die Einteilung in Genres ist für die Kommunikation untereinander sicher nahezu unentbehrlich. Die Fülle an Wortschöpfungen erleichtert die eindeutige Etikettierung von Bands und Musikprojekten aber nicht wirklich. Überschreiten doch viele Künstler – glücklicherweise – Grenzen und vermischen munter diverse Stile. Ob dies allerdings immer gleich neue Begrifflichkeiten wie „Neue deutsche Todeskunst“ oder „Neue deutsche Härte“ begründet, mag sich jeder selbst beantworten…
https://www.youtube.com/watch?v=YqtGV7n_JkI
Wie würdest deine musikalische Laufbahn beschreiben? Über welche Richtung der Musik bist Du in die Szene gekommen, welche hast hinzugewonnen, welchen hast du abgeschworen und was hörst du heute?
Um niemanden mit doppelten Ausführungen zu langweilen, möchte ich gerne auf den Beitrag „Auf der Suche nach dem Ich“ verweisen, in welchem ich u.a. das Aufsaugen neuer Töne und den Weg vom Metal über Punk/Hardcore/Indie zu den düsteren Klängen beschrieben habe.
In meiner Plattensammlung befinden sich einige Tonträger, welche schon seit Jahren, teils wohl sogar seit zwei Jahrzehnten nicht mehr aus der jeweiligen Hülle genommen wurden. Eine Vielzahl davon wird man wohl dem Genre „Heavy Metal“ zuschreiben können, da mir die meisten Stücke einfach nichts mehr geben. Aber auch aus anderen Bereichen verstaubt sicherlich die eine oder andere Platte.
Wie und wo hörst du Musik am liebsten?
Wahrscheinlich wäre es einfach zu beschreiben, wann ich keine Musik höre. Musik ist – wie oben bereits beschrieben – ein ständiger Begleiter. Die unterschiedlichsten dunkel-eingefärbten Töne verlassen meine Boxen bzw. Ohrhörer während der Arbeit, beim Radfahren, beim Spazieren gehen mit dem Hund, im Auto (wo vor etwa zwei Jahren die einzige musikalische Quelle „Kassette“ durch einen MP3-Player inklusive Kassetten-Adapter abgelöst wurde) und selbstverständlich bei Konzert- und Clubbesuchen.
Welche Musik hörst du außerhalb der typischen dunklen Musik noch?
Der Blick über den persönlichen Tellerrand belohnt den suchenden Musikliebhaber das eine oder andere Mal mit erstaunlichen Entdeckungen, deren Klänge gerne wiederholt die eigenen Boxen verlassen. Manche Interpreten überraschten einmalig (sozusagen persönliche One-Hit-Wonder), anderen sind zu ständigen Begleitern geworden:
The Adicts – Viva La Revolution
Stiff Little Fingers – Beirut Moon
Hard-Fi – Cash Machine
Adiam Dymott – Miss You
Agnostic Front – Crucified
Foo Fighters – The Pretender
Muse – Uprising
Therapy? – Me vs. You
New Model Army – Here Comes The War
Patti Smith – Free Money
Dead Kennedys – Holiday In Cambodia
Les Tambours Du Bronx – Extreme
Großstadtgeflüster – Lebenslauf
Mal angenommen, Du könntest ein Instrument spielen, hättest eine tolle Stimme und würdest zusammen mit Freunden eine Band gründen. Welche Rolle in der Band wäre Deine?
Fasziniert war ich schon frühzeitig von der Wirkung unterschiedlicher Rhythmen. So war es wohl auch folgerichtig, autodidaktisch das rhythmische Bearbeiten von unterschiedlichen Trommeln mittels hölzerner Stöcke zu erlernen, um anschließend die Umwelt an dieser selbstverwirklicherischen Tätigkeit teilhaben zu lassen. Nachdem ich die Trommelstöcke vor lange Zeit an den Nagel gehängt habe, kann ich wohl auch nicht mehr auf Ruhm und Ehren hoffen. Sicherlich würde ich in einer Band aber auch die Aufgaben des Fotografen, Designers und hin und wieder des Texters, der bitterböse Worte aneinander reiht, übernehmen.
https://www.youtube.com/watch?v=mHK-LYeMvG8
Nenne 5 deiner Alben die für Dich unverzichtbar mit Szene verbunden sind.
Diese Aufforderung lässt bei mir sofort das schwarz-weiße Cover von „Unknown Pleasures“ (Joy Division) vor dem geistigen Auge erscheinen. Der Inbegriff der Melancholie. Und der perfekte Übergang vom wilden und zügellosen Punk zu nachdenklicheren Klängen, deren Erzeugung auch mittels synthetischer Hilfsmitteln erlaubt ist.
Nach diesem ersten Gedanken wandert mein Blick über die alphabetisch sortierte CD-Sammlung. Aufmerksamkeit erregen diverse CompactDiscs von „Das Ich“. „Egodram“ – unverzichtbar? Oder „Playing The Angel“ von „Depeche Mode“? Die Augen huschen weiter und verweilen einen kleinen Moment bei „The Downward Spiral“ von „Nine Inch Nails“. Hektisch fliegt der Blick zwischen den Hüllenrücken hin und her. Die frühen „Oomph!“ nicht zu vergessen. Und „Nitzer Ebbs“ grandiose Rückkehr („Industrial Complex“). Kurzes Interesse erweckt auch „Kalter Glanz“ von „Letzte Instanz“.
Doch letztendlich könnte ich wohl auf jede einzelne dieser Alben verzichten – mögen sie noch so voller Leidenschaft, Wut, Melancholie, Rhythmik sein. Unverzichtbar ist für mich hingegen die musikalische Vielfalt der schwarzen Subkultur. Somit bleibe ich bei selbstzusammengestellten Samplern mit den (klischeehaften?) Titeln „Schattenläufer“ und „Maschinenzimmer“ hängen, deren Cover ein düsteres Bild von Caspar David Friedrich bzw. eine Aufnahme einer alten, verrosteten Maschine zieren und welche meine momentanen Hörgewohnheiten mit der Affinität für einzelne Songs unterschiedlicher Künstler, besser widerspiegeln.
Schattenläufer:
All Gone Dead – Newspeak (Room101)
Diva Destruction – The Broken Ones
The Exploding Boy – 40 Days
New Order – Blue Monday
Inkubus Sukkubus – Paint It Black
Dreadful Shadows – Twist In My Sobriety
Love Like Blood – Johannesburg
New Days Delay – Stereokatastrophe
On The Floor – Killing Queen
Pink Turns Blue – Walking On Both Sides
Vermilion Fields – I Dread The Days
The Merry Thoughts – We Love To
Clan Of Xymox – This World
Skeletal Family – Promised Land
Maschinenzimmer:
Oomph! – Der neue Gott
Nitzer Ebb – Murderous
Das Ich – Destillat
The Invincible Spirit – Push!
Front 242 – Headhunter
And One – Wasted
Eco – Hass & Liebe
Depeche Mode – A Pain That I`m Used To
DAF – Alle gegen alle
Welle:Erdball – Starfighter F-104G
Covenant – Der Leiermann
Frontline Assembly – Modus Operanti
Nine Inch Nails – Closer
Welche musikalischen Eigenschaften hat für dich das ideale Lied?
Auch in diesem Fall zitiere ich gerne Nietzsche:
Was ich eigentlich von der Musik will? Dass sie heiter und tief ist wie ein Nachmittag im Oktober. Dass sie eigen, ausgelassen, zärtlich, ein kleines süßes Weib von Niedertracht und Anmut ist.“
Das perfekte Lied lässt mich auch nach dem hundertsten Mal noch Neues entdecken, wird niemals langweilig, klingt immer frisch. Mit Ecken und Kanten. Voller Leben. Leidenschaftlich. Melancholisch. Wütend. Mitreißend. Geradlinig und doch verspielt. Anschmeichelnd und zugleich angewidert wegstoßend.
Welche Band oder welchen Musiker/in würdest Du gern mal interviewen und auf welchen Frage musst Du dabei unbedingt eine Antwort haben?
Lange habe ich über diese Frage nachgedacht – ohne Ergebnis. Mit dem einen oder anderen Musiker wäre sicherlich ein Plausch recht interessant, aber das lässt sich anhand der gemachten Musik kaum beurteilen.
Aus aktuellem Anlass könnten man natürlich den Graf (Unheilig) die – vielleicht leicht provokante – Frage stellen, wie er sich fühlt, wenn er beispielsweise gemeinsam mit Cindy aus Marzahn (meine persönliche Meinung zu den spaßmacherischen Qualitäten dieser Frau lasse ich an dieser Stelle einmal unerwähnt, wobei man sich diese vielleicht denken kann) auf einer Bühne steht oder in diversen anderen niveauarmen Fernsehsendungen auftritt. Äußerst fraglich ist natürlich, ob man hier eine komplett ehrliche Antwort erwarten dürfte.
Wer oder was repräsentiert für die Dich die Zukunft der „schwarzen“ Musik?
Es mag vielleicht auf den ersten Blick pessimistisch klingen, aber ich erwarte in absehbarer Zeit keine bahnbrechenden musikalischen Neuerungen. Was ich aber keineswegs negativ bewerte. Vielmehr erhoffe ich mir eine gewisse Zurückbesinnung auf musikalische Wurzeln, ohne moderne Einflüsse außer Acht zu lassen. Die Zunahme oberflächlicher und bunter Technospaßmachermusik, welche die Grundgedanken einer Subkultur ad absurdum führt, wird hoffentlich gestoppt und den hoffnungsvollen Talenten, welche mehr können als eine Musiksoftware zu benutzen und belanglose Obszönitäten darzubieten, die gebührende Beachtung geschenkt.
Kommentar
[…] ein Soundtrack des Lebens, er hilft dabei Brücken in die Vergangenheit zu schlagen. Marcus bringt das mit einem Zitat von Nietzsche auf den Punkt: »Ohne Musik wäre das Leben ein […]