So grimmig der steinerne Adler auch wirken mag, eine kleine Spinne hat die Gefährlichkeit seines Schnabels missachtend ihre Fäden gerade dort angeheftet. Doch das ist nur eine der kleinen, von den meisten Besuchern wohl unbeachteten Ansichten, die sich mir auf dem 1862 eingeweihten und terrassenförmig angelegten St.-Pauli-Friedhof in Dresden bieten. Ein Schlangenkopf hält den Ring einer Grabplatte. Ein anderer Ring ruht zwischen den Zähnen eines Löwen. Grabringe werden allerdings auch schon einmal als Verschluss „missbraucht“ – ganz profan mit Hilfe eines Fahrradschlosses miteinander verbunden. Dachartige Abdeckungen über den Gruften gewähren einen Blick tief hinab. Das fragend hinabgerufene „Hallo“ blieb – letztendlich doch beruhigenderweise – unbeantwortet. Eine steinerne Vogelgruppe vervollständigt den Eindruck tierfreundlicher Ruhestätten. Der fortschreitende Verfall schafft außerirdisch anmutende Strukturen. Und das Immergrün des stets freundlich dekorierenden, schmeichelnden und tröstlich abdeckenden Efeus „erarbeitet“ die Kulisse alter Märchen und dunkler Erzählungen, bildet er doch Vorhänge, Bordüren, ja, sogar Teppiche, unter denen komplette Grabfelder verschwinden. Das Kopfkino zeigt mir dichten Nebel, der rudimentäre Grabsteine, überwucherte Kreuze und Bäume zu verschlingen droht. Ein schemenhafter Schatten huscht durch die Szenerie. Aus der Ferne ist der einsame Schrei einer Krähe zu vernehmen. Der Wind wispert unverständliche Worte in meine Ohren. Ansonsten bestimmt die Stille meine Phantasie…
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