Vor wenigen Minuten flüchtete ich mich noch in den Schatten, um mich vor den auf der Haut brennenden Sonnenstrahlen zu schützen. Doch das scheint eine Ewigkeit her zu sein. Filmreif schob sich Nebel vor die Sonne und verschlang nahezu in Sekundenschnelle gleichzeitig die französische Landschaft. Mir läuft ein eisiger Schauer über den Rücken. Ob dafür diese besondere Atmosphäre oder doch einfach nur die plötzlich fallenden Temperaturen verantwortlich sind – so genau kann ich diese Frage nicht beantworten und krame sogleich eine Jacke hervor. Die vormals in kräftige Farben getauchte Umgebung präsentiert sich nun monochrom Ton in Ton. Unwirklich. Mein Weg führt mich durch eine menschenleere Ortschaft. Der Tag neigt sich dem Ende entgegen. Ein kleiner Friedhof zieht meinen Blick magisch an. Ich durchschreite den durch kein Tor oder ähnliches „gesicherten“ Eingang und fühle mich umgehend wie ein Eindringling. Verstohlen schaue ich mich um. Als einziges zu vernehmendes Geräusch knirscht der Kies auf den Wegen zwischen den Gräbern unter meinen Schritten. Ansonsten herrscht absolute Stille. Nicht einmal das Flattern oder Zwitschern eines Vogels dringt an meine Ohren. Zahlreiche leidende Jesusfiguren blicken mich verzweifelt an. Alles grau in grau. Nebelschwaden ziehen an steinernen Kreuzen vorbei. Ich führe den Fotoapparat an mein Auge. Klick. Das Zurückschwingen des Spiegels der Kamera durchbricht die Lautlosigkeit. Wieder blicke ich mich vorsichtig um. Als ob die von mir verursachten Klänge die Bestatteten aufwecken oder den Zorn der Dorfbewohner auf mich ziehen könnten. Auch wenn mir dies eher unwahrscheinlich erscheint, bewege ich mich nur behutsam, um unnötige Geräusche zu vermeiden. Durch den Sucher der Kamera sehe ich weitere an Kreuzen hängende Christusfiguren aus Porzellan, Stein und Metall. Klick. Klick. Irgendwie machen diese unzähligen Darstellungen des ans Kreuz genagelten Sohn Gottes auf mich einen trostlosen Eindruck. Fröstelnd und nachdenklich verlasse ich diesen Ort…
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