Berlin. 26. Mai 2011. Ein kleiner Club in Mitte. Rote Wände. Ein Tresen. An der Decke „Schmückendes“ aus der Zeit, als hier wohl noch ein asiatisches Restaurant betrieben wurde. Diverse alte Sessel und Sofas, in welche man sich tief versinken lassen kann. Im Rahmen der Death#Disco-Veranstaltungsreihe im King Kong Klub schmeichelt Musik abseits des in vielen Etablissements Gespieltem der musikalischen Seele. Eine angenehme Mischung aus alten und neuen Post-Punk-, Cold-Wave-, Goth-Rock-Stücken – zurück zu den Wurzeln einer ursprünglich melancholischen als auch ein klein wenig wütenden Szene. Der Hinweis „Don´t be late“ auf der offiziellen Facebookseite stellt sich im Zusammenhang mit der angegebenen Startzeit zum wiederholten Mal als Fehlinterpretation bzw. weit auslegbar heraus. Musik aus der Konserve weicht einem Soundcheck, der kurzzeitig aufschrecken lässt, ehe man sich wieder entspannt tief in das Ledersofa sinken lässt und die oben erwähnte Mixtur genießt. Erst gegen Mitternacht dringen die ersten live vorgetragenen Klänge an die Ohren der Clubbesucher. Fast unbemerkt. Keine Ansage. Keine Musiker, die mit Instrumenten „bewaffnet“ den kleinen Bühnenbereich in der linken hinteren Ecke des Raums betreten. Victor Lenis – von dem mir bisher vollkommen unbekannten Projekt „Cute Heels“ – verschanzte sich still und leise hinter elektronischen Gerätschaften. Kühler Synthiesound, Computerspielklänge, harte Beats, verhaltender, kalter Gesang. Irgendwie plätschert der Auftritt so dahin. Erst als bei den abschließenden Stücken die blonde Sängerin Devon Morris („Devon Disaster“) den freien Platz hinter dem Mikro einnimmt, wird das Publikum etwas aufmerksamer. Doch zu mehr als einem überaus verhaltenen Applaus kann das relativ dünne Stimmchen das Publikum nicht bewegen. Ganz anders beim anschließenden Auftritt der schwedischen Band „The Exploding Boy“. Hier scheinen die schätzungsweise 60 Gäste hellwach und von Beginn an begeisterungsfähig – und dies aufgrund der durchweg tollen Songs vollkommen zurecht – zu sein. Für wen „The Exploding Boy“ bisher höchstens ein Geheimtipp war, kann schnell feststellen, dass die vier Jungs aus dem hohen Norden ein geniales Gespür für Melodien und Stimmungen haben. Weiterhin entspanntes Herumlümmeln? Unmöglich. Zu mitreißend der treibende Bass. Zu eingängig die melancholischen Melodien. Ein hervorragendes Stück reiht sich an das nächste. Gitarrenorientierter Post Punk der – wie ich finde – Extraklasse. Doch nach gerade einmal 45 Minuten verschwinden die Schweden im Backstagebereich; natürlich nicht ohne damit den – zugegeben etwas verhaltenen – „Unmut“ der Zurückgelassenen in Form von Klatschen und Zugaberufen auszulösen. „The Exploding Boy“ lassen sich aber nicht lange bitten und begeistern nochmals eine halbe Stunde durch packende, melancholische und einfach schöne Titel aus den bisher erschienenen drei Alben. Wie schon bei meinem ersten Besuch im King Kong Klub konnte der Genuss des Abends bzw. der Nacht nur durch drei Umstände geschmälert werden: der kratzige Hals, der Schleier auf den Kontaktlinsen und der Nikotin-Kater am nächsten Morgen. Im King Kong Klub darf nämlich – aus meiner Sicht: leider – geraucht werden…
https://www.youtube.com/watch?v=rS–2EMN0ZM
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