Alternative Versionen. Musikalische Titel in moderne Gewänder gekleidet. Neuinterpretationen. Bisweilen kaum wiederzuerkennen. Manchmal sogar abgrundtief verhasst. Ein kollektiver Aufschrei der Fans. Den Kopierenden wird Frevel und Verunstaltung vorgeworfen.
Manche Versionen erzeugen einfach nur ungläubiges Kopfschütteln. Joy Divisions „Love Will Tear Us Apart“ ist so verletzlich. So tief gehend. So melancholisch. Und daneben eine seichte, locker-flockige Interpretation im Bossanova-Stil. Seltsam. Verwirrend. Befremdlich. Unverständlich.
Gelegentlich eröffnen sich aber auch ganz neue Sichtweisen. Neue Zugänge. Deshalb möchte ich in dieser regelmäßigen Serie nicht über gehasste Songs sprechen, sondern vielmehr das eine oder andere – aus meiner Sicht – gelungene Cover vorstellen. Letztendlich liegt dies selbstverständlich im Auge des Betrachters. Also lasst uns ggf. diskutieren…
Tanita Tikaram
„Twist In My Sobriety“ erschien 1988 auf dem Debütalbum der damals erst 19jährigen Sängerin und Songschreiberin mit dem tiefen Timbre. Die erste Zeile des Liedes – „Alle Kinder Gottes brauchen Wanderschuhe“ – ist dem Titel eines Buches der afroamerikanischen Menschenrechtlerin, Schriftstellerin und Dichterin Maya Angelou entliehen. Sie schildert in diesem fünften Teil ihrer Biografie die Entdeckung des Afrikas ihrer Vorfahren und die turbulente Zeit der Bürgerrechtsbewegung im Ghana der sechziger Jahre.
Nach dem großen Erfolg von „Twist In My Sobriety“ – u.a. Platz 2 in den deutschen Single-Charts – wurde es um Tanita Tikaram zunehmend ruhiger. Ihre musikalische Leidenschaft hat sie aber nie abgelegt. Ihr letztes Album veröffentlichte die in Deutschland geborene Sängerin, deren Vater von den Fidschi-Inseln und deren Mutter aus Borneo/Malaysia stammt, im Jahr 2005.
https://www.youtube.com/watch?v=wXSTe9YMCKo
Dreadful Shadows
Das Cover der deutschen Band „Dreadful Shadows“ stammt aus dem Jahr 1999 und befindet sich als Bonus-Track auf dem Album „The Cycle“. Die Stimme Sven Friedrichs passt perfekt zur melancholischen Grundstimmung und verleiht dem Titel eine tolle Intensität und Tiefe. Ein Jahr nach dieser Veröffentlichung trennten sich die Wege der Berliner Formation. 2007 und 2008 trat die Band aber wieder für einige Konzerte ins Rampenlicht. Für den Sommer 2011 ist ein Auftritt im Rahmen des Amphi-Festivals in Köln angekündigt.
https://www.youtube.com/watch?v=FUFYOYw8Jss
8 Comments
Ich mag männliche Stimmen grundsätzlich lieber als weibliche, obwohl Tanita Tikaram zu den Sängerinnen gehört, die ich noch ganz gut aushalte. Dennoch ist mir die Coverversion der Dreadful Shadows wesentlich lieber. Sven zieht das Ganze mit seiner Stimme noch ein Stück weiter in die Tiefe und die Band nimmt dem Song den unangenehmen Pop-Klang. Sehr schön! Ich wusste gar nicht, dass die Dreadful Shadows auf dem Amphi spielen. Wie gut, dass das Festival fest eingeplant ist.
Und nun stelle Dir „Twist In My Sobriety“ mit einer dünnen hohen weiblichen Stimme vor. Kannst Du nicht? So eine Version gibt es durchaus, wurde von mir aber nicht erwähnt, da ich nur Cover vorstellen möchte, denen ich etwas abgewinnen kann. Also hülle ich lieber den Mantel des Schweigens darüber…
Sven Friedrich ist beim diesjährigen Amphi sogar doppelt vertreten. Zeraphine wurden ja ebenfalls angekündigt. Ob ich allerdings in diesem Jahr den Weg nach Köln unternehmen werde, steht noch in den Sternen. Im Letzten Jahr war es mir eigentlich etwas zu voll. Mal ganz abgesehen davon, dass sich während VNV Nation plötzlich um mich herum eine Cyber-Tanzgruppe formierte und ich nicht sicher bin, ob dieses erschreckende und befremdliche Erlebnis von mir schon ausreichend verarbeitet und der Besuch des Ortes dieses Geschehnisses nicht alles wieder aufwühlen würde 😉
Vielleicht sollte ich hingehen und Sven fragen, ob ich mein Buch zurück haben kann. Er braucht es ja nicht mehr, diese Vollnase. ;-)Hoffentlich singt er wenigstens anständig. Ja, das Amphi ist ziemlich elektrolastig. Das kann natürlich sein, dass da die Fremdlinge in Neonfarben vermehrt Einzug halten. Ich schau mal bei Youtube, ob ich die von dir erwähnte und verschwiegene Coverversion finde. 🙂
Würde mich schon einmal interessieren, ob er sich dann so spontan an das Buch erinnern könnte.
Elektrolastigkeit stellt für mich grundsätzlich erst einmal keinen Hindernisgrund dar (sofern es sich nicht um Techno handelt). Es treten doch einige Bands auf, die mir grundsätzlich Freude bereiten. Beispielsweise Nitzer Ebb, Die Krupps, Das Ich, Clan Of Xymox oder auch Covenant. Aber die Musik allein sorgt eben nicht für eine perfekte Atmosphäre. Na ja, mal sehen. Es bleibt schließlich noch etwas Zeit, um sich zu entscheiden.
Bei dem von mir erwähnten Cover handelt es sich um eine Version der österreichischen Band „Darkwell“.
Ach du meine Güte. Die Darkwell-Version ist ja grauenvoll. :-)Das klingt, als ob jemand singen übt. Na ja, und Frauenstimmen sind ja überhaupt etwas nervig – zumindest solche.
Mir ist das inzwischen egal, ob Herr Friedrich sich erinnern kann oder nicht. Ich fand das einfach nur unhöflich und ignorant. Ich war noch nie auf dem Amphi und hoffe doch, dass die Atmosphäre dort gut ist. Man sagte mir, zumindest der Veranstaltungsort inklusive Umgebung (Rheinufer?) sei schön.
Ich muss mich für Tanita Tikaram entscheiden. Nichts gegen Herrn Friedrich, aber verbessern konnte er das Original nicht. Wenn ich mich anstrenge setze ich beide auf das gleiche Niveau, was mir angesichts der grundsätzlich verschiedenen Instrumentierung schwer fällt. Ich finde die Stimme von Tanita passt einfach besser, Herr Friedrich ist mir da etwas zu dünn.
Vielleicht sollte man beides mischen. Tanita singt, während die Dreadful Shadows die Musik dazu machen 🙂
@orphi: Das Veranstaltungsgelände hat durchaus Interessantes zu bieten. Sich zum Entspannen zwischendurch in einen Liegestuhl zu setzen und auf den Rhein zu blicken, hat durchaus seinen Reiz. Doch wenn das Festival ausverkauft ist, kann es stellenweise schon einmal unangenehm eng werden. Deshalb bin ich selbst noch unentschlossen, was die diesjährige Fahrt nach Köln angeht.
@Robert: Vielleicht wäre ja auch ein Duett ganz interessant?
Tolle Rubrik, wirklich super Idee!! Hätte ich auch drauf kommen können… 😉
Mir geht es so wie Robert: Ich bevorzuge hier auch das Original – die Dreadful Shadows Version klingt mir zu glatt weg, ohne mal die Tonhöhe zu wechseln, inne zu halten (wie es Tanita macht) – er singt es einfach glatt durch. Daher isses mir nicht emotional genug. Die Stimmlage allerdings hat er dafür.