Twisted Nerve, Joy/Disaster, Tanzkommando Untergang, Black Snowflake
10.02.2012, Slaughterhouse, Berlin
Die Veranstaltungsreihe „Death#Disco“ lud diesmal nicht in den gemütlichen King Kong Klub mit seinen „tiefergelegten“ Ledersofas in Berlin-Mitte, sondern ins Slaughterhouse in Moabit zu einem Abend mit internationaler Beteiligung ein.
Es gibt leider Abende, an denen sich kein dauerhaftes Wohlgefühl einstellen möchte. Draußen sibirisch anmutende Temperaturen und auch im Slaughterhouse empfing die Besucher keine wirklich lauschige Wärme. Trotz dicker Kleidung und dem bewussten Ignorieren der Garderobe fand die Kälte ihre Angriffsfläche. Auch der dringende Gesprächsbedarf und das Suchtverhalten dreier Konzertbesucher in unmittelbarer Bühnennähe trug nicht zu einer genussvollen Atmosphäre bei.
Oft sind es allerdings die Kleinigkeiten, die erfreuen und ein Lächeln auf das Gesicht zaubern. So wie die in Clubs viel zu selten gehörte Musik aus der Konserve, die bei „Death#Disco“-Veranstaltungen die übliche Wartezeit verkürzte. Oder das Beobachten des künstlichen Nebels, der über den noch menschenleeren Bereich vor der Bühne in mystischen Schlieren in den Raum zog und angesichts menschlichen Kontakts „zerstaubte“. Oder ein nettes Gespräch während der Umbaupausen. Oder natürlich die Auftritte, die sich nach und nach steigerten.
Den ruhigen Anfang machten „Black Snowflake“, die sich bis auf einige experimentelle Ansätze in einem recht poppigen Gewand präsentierten. Auf dem Facebook-Profil des sympathischen schottischen Duos wird die Musik als „bouncy and blissful electro girl pop for the 21st century“ bezeichnet. Ein Konzert mit durchaus netten Passagen – so wirklich gefangen nehmen konnten mich „Black Snowflake“ allerdings nicht.
Was sich bei der folgenden Formation jedoch ändern sollte. „Tanzkommando Untergang“ waren kraftvoll, schnell, basslastig, roh. Stellenweise erinnerten mich die ungefilterten, rauen Klänge an die Anfänge der „Beastie Boys“, als diese sich noch im Punkbereich bewegten. Ein Kopfnicken und Mitwippen konnte nicht unterbunden werden.
Auch die Wurzeln der dritten Band des Abends sind in den 80er Jahren zu finden. Musikalisch boten „Joy/Disaster“ eine Art Verbeugung vor wegweisenden Namen wie beispielweise „Bauhaus“ oder „Joy Division“. Ohne dabei jedoch altbacken oder angestaubt zu klingen. Regelmäßige „Death#Disco“-Gänger konnten sich von den Livequalitäten der französischen Post-Punker schon vor einem Jahr überzeugen. Und auch diesmal wurde das Publikum nicht enttäuscht. „Joy/Disaster“ kann man ohne zu übertreiben als einen Lichtblick der jüngeren Musikgeschichte bezeichnen. Auch die neuen Titel des erst vor wenigen Tagen erschienenen Albums „Sickness“ konnten vollends überzeugen.
Den krönenden Abschluss bildeten „Twisted Nerve“, die gefühlt den größten Zuspruch ernteten. Was aber aufgrund der mitreißenden Darbietung kein Wunder war. Die Schotten – insbesondere ihr charismatischer Frontmann – übertrugen Spaß und Energie spielten auf das Publikum. So manche junge Kapelle dürfte neidisch auf die Dynamik dieser „alten Hasen“ – gegründet Ende der 70er Jahre des letzten Jahrtausends, 1985 aufgelöst, seit 2007 wieder aktiv – schauen. Auch hier war die absolute Kontrolle von Gliedmaßen und Kopf unmöglich. Diesem feinen, überaus melodiösen Post Punk konnte man sich nicht verschließen. So verflogen die Minuten wie im Flug und beim Verlassen des Slaughterhouses zierte trotz ziemlich frostiger Kälte ein Lächeln die diversen Gesichter.
Zukünftige Death#Disco-Termine sind übrigens hier zu finden. So feiert man u.a. im Juni 2012 gemeinsam mit „Die Selektion“ den zweijährigen Geburtstag dieser Veranstaltungsreihe.
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[…] logisch) und stattdessen viel schräg. Im Slaughterhouse gibt es auch öfters Konzerte, z.B. von Twisted Nerve und Joy Desaster, über das Marcus berichtete. Wer war Sandra? Grabstein im […]